Möchtest du informiert werden, wenn ein neuer Blogeintrag erscheint?
Heute erzähle ich euch von meinen Erfahrungen mit Schulbuchverlagen.
Ja, die Gerüchte sind wahr:
Gewöhnlich erhält man bei der Zusammenarbeit mit einem Schulbuchverlag nur eine einmalige Vergütung (im Englischen "Work for hire") und ist damit vollständig ausbezahlt. - Tantiemen gibt es nicht.
Wäre zwar eine sehr schöne Sache, da Schulbücher zum Teil über viele Jahre in sehr hohen Auflagen gedruckt werden, aber es ist für sie weder finanziell noch vom Verwaltungsaufwand her leistbar.
An einem Schulbuch arbeiten gewöhnlich sehr viele Freelancer mit - selbst, wenn nur ein einziger Illustrator für die Bebilderung zuständig ist, sind es gewöhnlich mehrere Autoren, die die Texte liefern.
Und die hätten genauso Anspruch auf Tantiemen.
Da die Budgets gewöhnlich durch die vorausgehende Kalkulation ziemlich festgelegt sind, haben die Lektoren wenig oder auch gar keinen Spielraum für Nachverhandlungen. Ich habe erlebt, dass manchmal Budget von einem anderen Projekt "geklaut" wird, bei dem die Kalkulation rosiger war, um ein paar doch noch nötige Zusatzillustrationen zu finanzieren. Das geht aber nur in Ausnahmefällen.
Wie man damit als Illustrator umgehen kann?
Den letzten Rat gebe ich aber ausschließlich in Bezug auf Schulbuchverlage! Wenn ihr der alleinige Illustrator eines Bilderbuches seid, sollten die Illustrationen das Beste werden, das ihr je erschaffen habt. Alleine schon, weil ihr solche Bilder sorgenfrei in euer Portfolio geben könnt und das die Wahrscheinlichkeit für weitere Aufträge erhöht.
Im Schulbuch hingegen sind die Ansprüche an die zeichnerische Qualität dadurch, dass die Bilder nur begleitendes Material sind, nicht dermaßen hoch.
Wie aber läuft so eine Zusammenarbeit mit einem Schulbuchverlag nun eigentlich ab?
Als uns die Anfrage erreichte, wurden wir gebeten, eine Übersicht zu liefern, welche Art von Illustration (von "simpel" bis "sehr aufwändig") wie viel kosten würde. Da wir das selbst noch nicht einschätzen konnten, weil es unsere erste Schulbuchzusammenarbeit war, boten wir an, stattdessen für ein Pauschalhonorar zu arbeiten.
Das erleichterte beiden Seiten die Arbeit: Uns wurde verraten, welches Budget für das Projekt für die Illustrationen zur Verfügung stand, uns wurde dieses gesamte Budget zugesprochen und dafür musste keine der beiden Seiten immer wieder nachrechnen, wie viel Geld für welchen Aufwand bereits ausgegeben war, was deshalb noch möglich sein würde und was nicht, etc. pp..
Wir haben für das Großprojekt etwa 250 Bilder gezeichnet und dafür einen niedrigen 5-stelligen Betrag erhalten. Leider ist es vertraglich vereinbart, nicht im Detail über das Honor zu sprechen.
Die Komplexität der Bilder reichte von "eine rote Paprika" bis zu "eine 9-köpfige Familie kurz vor dem gemeinsamen Essen, die Tante malt, die Nichte steht mit Froschplüschtier Modell, der übergewichtige Onkel mit Vollbart sitzt auf einem Sitzball vor dem Fernseher, auf dem eine Tierdoku läuft, der Opa liest dem Enkel aus einem Buch vor, der Hund klaut eine Wurst vom Tisch, Opa 2 und Oma 2 sitzen händchenhaltend am Esstisch, Mama sitzt auch dort und liest Zeitung, Papa bringt einen Topf voll Suppe".
Da die Texte des Buch noch in der Entstehung waren, war es nicht möglich, uns von Anfang an eine komplette Liste der benötigten Illustrationen zu liefern. Stattdessen erhielten wir über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren immer wieder ein weiteres Kapitel mit sehr genauen Bildbeschreibungen, bereits gesetzten und gelayouteten Texten und markierten Flächen, die zeigten, wie groß die dorthin gehörende Illustration werden musste.
Um nicht den Überblick zu verlieren und weil wir zu zweit arbeiteten, legten wir uns pro Kapitel eine Tabelle mit den wichtigsten Infos an. Dort trug man z.B. ein, wenn man eines der Bilder übernehmen wollte. Aber auch wie weit das Bild ist, wurde dort festgehalten: An welchem Tag die Skizze zur Freigabe gemailt wurde, an welchem Tag die Freigabe kam, Korrekturanweisungen, etc. pp. .
Der in den meisten Verlagen übliche Workflow hätte so ausgesehen:
Da wir aber sehr genau ausgearbeitete "grobe Skizzen" lieferten, fielen bei uns Schritt 3 und 4 weg. Zudem möchte ich anmerken: Da die Beschreibungen der Bilder schon sehr genau vorgaben, was zu zeichnen sein würde, gab es nur sehr selten Korrekturanweisungen vom Lektorat.
Zwischen Dezember und März hatten wir eine Zeichenpause, da in diesem Zeitraum das neue Buch (im halbfertigen Zustand) beim Bildungsministerium zur Begutachtung vorlag. Erst nach einem positiven Gutachten konnten wir weitermachen. Es hätte auch sein können, dass das Gutachten negativ würde und das Buch nochmal komplett überarbeitet werden müsste, aber das geschieht nur sehr selten.
Das für mich Verrückte an Schulbuchproduktion ist, dass von der Auftragsvergabe bis zum Erscheinen des Buches 2-3 Jahre vergehen können! Auch bei uns war es nun so: Den Auftrag erhielten wir im Frühling, das Buch würde erst im Herbst zwei Jahre später, also insgesamt nach 2,5 Jahren, in Schulen genutzt werden.
In unserem Vertrag war festgelegt, dass zu Auftragsbeginn ein Viertel des Honorars zu bezahlen war, ein weiteres Vierte nach Fertigstellung von etwa der Hälfte der Illustrationen und die restliche Hälfte der Summe nach Abgabe der letzten Illustration.
Wir lösten es so, dass ich die ersten beiden Rechnungen stellte und Bibi die letzte.
Schon während der Arbeit an diesem Projekt bekamen wir den Auftrag für zwei kleinere Hefte des Verlags, und seitdem gibt es immer wieder Kleinigkeiten für uns zu tun.
Abschließend möchte ich so etwas wie eine Pro-und-Contra-Liste zur Arbeit mit Schulbuchverlagen anlegen:
Mir macht Schulbuchillustration sehr viel Spaß.
Ich mag daran:
Es gibt natürlich auch Nachteile:
Für mich wiegen die Vorteile die Nachteile auf. :D
Ich glaube, dass es leichter ist, als Anfänger im Illustrationsbereich einen Auftrag von einem Schulbuchverlag zu bekommen.
Kontaktdaten:
Mail: mail@portfoliocoach.de